Eigentlich war die Familie nicht oppositionell eingestellt, sondern bereit, beim Aufbau des Sozialismus in der neu gebildeten DDR mitzuwirken. Wie Horst-Dieter Brähmig andeutet, war dabei die Lehre Luthers mitbestimmend, wonach der Bürger die Herrschaft im Staat anzuerkennen und sich entsprechend seiner religiösen und geistigen Überzeugung darin zu bewähren habe. Brähmig ist auch als früheres SED-Mitglied nie aus der Evangelischen Kirche ausgetreten. Vom Vater hatte er das Interesse an Medizin und Technik geerbt. Er wurde zunächst Medizinisch-Technischer-Assistent und wollte anschließend Labortechnik studieren. Jedoch entschloss er sich schließlich für ein Studium in Rechts- und Staatswissenschaften, das er als Diplom-Staatswissenschaftler abschloss. Seine fachlichen Neigungen verlor Brähmig dennoch nicht aus dem Blickfeld und so wurde er im Rat des Kreises Hoyerswerda Abteilungsleiter im Gesundheitswesen und später Ratsmitglied für den Bereich Energie. Dabei hatte er für sich den Anspruch, „gerade durchs Leben zu gehen" zur Devise erhoben und immer die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen lokalen Gruppen, Organisationen und Persönlichkeiten gesucht und gefunden. Selbst der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog ließ sich von ihm über die Struktur und Entwicklung von Hoyerswerda persönlich unterrichten und saß ihm in demselben Sessel gegenüber, von dem aus ich ihn 2011 in seinem Wohnhaus interviewt habe.
Nach der Wende war Brähmig Fraktionsvorsitzender der PDS im Stadtrat von Hoyerswerda, dann Amtsleiter des Landkreises Hoyerswerda. 1994 wurde er zum Bürgermeister von Hoyerswerda gewählt und zwei Jahre später, als die Stadt kreisfrei geworden war, zu deren Oberbürgermeister, 2001 erfolgte mit 54,6 % der abgegebenen Stimmen seine Wiederwahl. Das Amt des Oberbürgermeisters übte er dann bis zu der in Sachsen vorgeschriebenen Altersgrenze von 68 Jahren aus. Seitdem ist er immer noch gesellschaftspolitisch tätig, weiterhin geschätzt und anerkannt, u. a. als Vorsitzender des Zuse-Forums Hoyerswerda.
Als Kommunalpolitiker war es sein Anliegen, seine Heimatstadt aus der „Wendekrise" herauszuführen. Durch den Zusammenbruch des alten Wirtschaftssystems waren dort tausende von Arbeitsplätzen verloren gegangen und durch die Ausschreitungen rechtsradikaler Jugendlicher hatte Hoyerswerda bundesweit ein Negativimage aufgedrückt bekommen. Brähmig engagierte sich im Sächsischen Städte- und Gemeindetag und im Präsidium des Deutschen Städtetags. Im Jahr 1999 gründete er den ersten sächsischen Stadtverband der „Kriegsgräberfürsorge" als Akt der „Versöhnung über den Gräbern" und der Distanzierung vom Rechts-radikalismus.
Als Techniker bedachte er auch die praktischen Notwendigkeiten in der Region, indem er mit Mitteln der Bundesförderung Hydrogeologen und Bergleute damit beauftragte, den nach dem Ende des Braunkohlbergbaus ansteigenden Grundwasserspiegel den neuen Gegebenheiten anzupassen. So konnte er verhindern, dass bei den Überschwemmungen der vergangenen Jahre die Wohnhäuser von Hoyerswerda unter Wasser standen. Zum Dank dafür ernannte ihn die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft zum „Ehrenbergmann".
Eine persönlich enge Beziehung unterhielt Brähmig zum Computererfinder Konrad Zuse, der fünf Jahre in Hoyerswerda gelebt und dort das heutige Lessinggymnasium besucht hatte. Zuse erlaubte ihm ausdrücklich, seinen Namen für die Interessen Hoyerswerdas zu verwerten. In der Bezugnahme auf den großen Erfinder und in den Traditionen Hoyerswerdas als Heimat bedeutender Sagengestalten wie Krabat, Pumphut oder den Lutkis sowie als Kulturgebiet der Sorben sieht der ehemalige Oberbürgermeister viele Entwicklungsmöglichkeiten für dessen Zukunft.
Im Gespräch vermittelt Horst-Dieter Brähmig den Eindruck, dass er sich mit sich selbst, seiner Familie sowie seiner Stadt und ihren Bürgern im Einklang befindet. „Es war nicht umsonst" sagt er über sein Engagement und man ist gern bereit, es ihm zu glauben.
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Fotos: Florian Russi